13.04.2023

Finanzierungslücken bei Transaktionen schließen - mit dem Verkäuferdarlehen (13.April.2023)

Als einen der wichtigsten Punkte im Prozess einer Transaktion oder einer Nachfolge hat sich im Laufe unserer Arbeit immer wieder die Frage der Finanzierungsmöglichkeiten gestellt. Um unser Know-How in diesem Bereich zu verbessern, ist Andreas Kabon seit Beginn 2022 geschäftsführend in der Finanzberatung der HWB Gruppe tätig. Ausschlaggebend für eine gelungene Unternehmens-Übergabe ist, sich aus den verschiedenen Finanz-Optionen für die Passende zu entscheiden. Heute erläutern wir Ihnen eine dieser Optionen: Das Verkäuferdarlehen.

Durch das Verkäuferdarlehen wird im Laufe einer Unternehmenstransaktion ein Teil des Kaufpreises in ein Darlehen des Verkäufers an den Käufer umgewandelt. Der Käufer begleicht das Darlehen zu einem späteren Zeitpunkt. Dies ermöglicht eine flexible Finanzierung und sorgt für höhere Liquidität nach der Transaktion.

Wichtigste Merkmale:
  • Verkäuferdarlehen wird dem Käufer als Teil des Kaufpreises gewährt 
  • Darlehenssumme macht meist 10 - 20 % des Kaufpreises aus 
  • Laufzeit i.d.R. 3 – 5 (max. 10) Jahre 
  • Für gewöhnlich nachrangig und unbesichert (z.B. im Insolvenzfall) 
  • Zinssatz individuell vereinbar: liegt i.d.R. über dem vom Fremdkapitalgeber, auch ansteigende Sätze möglich 
  • Ermöglicht einem MBO / MBI einen Unternehmenskauf - trotz Finanzierungslücken

Unternehmensübernahmen können über Barmittel, Mezzanine-Kapital, Bank- & Förderkredite, Leveraged-Buy-outs, Earn-Outs und Verkäuferdarlehen finanziert werden. In der Regel wird ein Mix aus verschiedenen Finanzierungsmitteln verwendet.

Grundlegend wird beim Verkäuferdarlehen (engl.: „Vendor Loan“) beim Kauf von Unternehmensbeteiligungen eine Vereinbarung über die Kaufpreiszusammensetzung getroffen. Bei dieser stundet der Verkäufer dem Käufer den Kaufpreis ganz oder zu Teilen. Die Transaktionssumme stellt der Verkäufer als Darlehen zu vereinbarten Konditionen zur Verfügung.

Verkäuferdarlehen ermöglicht flexible Transaktionsfinanzierung

Das bedeutet, das Firmeneigentum wird an den neuen Inhaber übertragen, dieser zahlt zum Übernahmezeitpunkt aber nicht den kompletten Transaktionspreis – ein Teil des Kaufpreises wird in ein Darlehen verpackt. Dieses Darlehen kann beispielsweise aus dem vom Unternehmen generierten Cashflow in Raten über einen Zeitraum getilgt werden. Die Liquidität des Unternehmens ist dadurch in der Phase direkt nach der Transaktion weniger belastet. Fehlende Finanzierungsmöglichkeiten ist einer der Hauptgründe, warum Transaktionen scheitern.

Da das Verkäuferdarlehen meist in Kombination mit einem Bankdarlehen genutzt wird, macht es selten einen Anteil von mehr als 20% des Kaufpreises aus. Raten, Zinsen und Zahlungszeitpunkte werden von Käufer und Verkäufer gemeinsam festgelegt. Bei einer Laufzeit von 3 bis 5 Jahren kann der Verkäufer frei über den Zinssatz mitbestimmen und so attraktive Zinserträge erzielen. Da ein Verkäuferdarlehen anderen Darlehen nachrangig und meist nicht besichert ist, sind im Vergleich zu Bankdarlehen höhere Zinssätze üblich. Die Rückzahlung wird meist von der Tilgung des höherrangigen Bankdarlehens abhängig gemacht. In Akquisitionsdarlehen ist vertraglich festgehalten, dass freie Liquidität erst zu Zins- und Tilgungszahlungen verwendet wird, bevor es operativ verwendet werden darf. Erst nach wesentlicher Tilgung kann der Cashflow auf andere Verbindlichkeiten verwendet werden. Während der Darlehensgeber auf die Tilgung des Kredites wartet, sollte der Käufer kein Vermögen aus dem Unternehmen entnehmen. Der Käufer räumt dem Verkäufer auf Wunsch ein umfassendes Informations- und Auskunftsrecht ein, damit dieser die Vermögenslage des Unternehmens prüfen kann.

Verkäuferdarlehen als Vertrauensbeweis

Das Verkäuferdarlehen kann das Volumen von benötigten Bankkrediten entscheidend verringern und darüber hinaus die Konditionen verbessern. Neben der Entlastung in der Finanzierung stellt es vor allem eine Sache dar: einen Vertrauensbeweis.

Im Falle der Insolvenz wird durch den Rangrücktritt des Verkäufers hinter alle anderen Fremdkapitalforderungen das Verkäuferdarlehen als Quasi-Eigenkapital betrachtet. Daher erfordert ein Verkäuferdarlehen eine solide Vertrauensbasis zwischen Unternehmer und Nachfolger und deswegen ist diese Art der Finanzierung besonders bei Familien- und MBI- und MBO- Nachfolgen zu beobachten.

Der Verkäufer zeigt durch das Darlehen den Mitarbeitern, Kunden, Lieferanten, Gläubigern und Partnern des Unternehmens, dass er Vertrauen in die positive Entwicklung des Unternehmens hat. Er unterstützt den Kauf mit eigenen Mitteln und trägt das Risiko der zukünftigen wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens mit. Daher wird das Verkäuferdarlehen häufig mit einer erfolgsabhängigen Earn-Out-Komponente kombiniert. So wird die Übernahme des Risikos mit einer Chancen-Komponente »ausgeglichen«. Bei der Übergabe wirkt sich der Vertrauensbeweis des Verkäuferdarlehens positiv auf die aufzubauende Reputation des Käufers bei Kunden und Angestellten aus – »Wenn der ehemalige Inhaber dem Neuen vertraut, muss er gut sein«. Zusätzlich ermöglicht der Verkäufer durch das Darlehen einen finanziellen Spielraum mit Blick auf Liquidität und Flexibilität in der Phase nach dem Kauf.

Zusammenfassung:
Käufer Verkäufer
Vorteile
  • Transaktion kommt zustande
  • Interesse des ehem. Eigentümers am Wohlergehen der Firma sendet positive Signale an Stakeholder
  • kleinere Finanzierungsvolumina bei ggf. besseren Konditionen
  • Liquidität wird anfänglich weniger belastet
  • Transaktion kommt zustande
  • vergrößert potenziellen Käuferkreis
  • zusätzlicher Zinsertrag 
  • Chancen auf Earn-Out
Nachteile
  • ehem. Eigentümer weiterhin im Unternehmen involviert, dies kann Übergang auf Dauer erschweren
  • Verhandlungen
  • Gläubigerkreis wächst
  • Kapital in Unternehmen weiterhin gebunden
  • Trotzdem offiziell kein Mitspracherecht
  • Ausfallrisiko durch Nachrangigkeit des Darlehens
  • Emotionale Distanz und Ausstieg nicht komplett möglich

 

Abgrenzung:

Trotz eines vollständigen Verkaufs des Unternehmens gibt es neben dem Verkäuferdarlehen weitere Möglichkeiten, bei denen der Verkäufer weiterhin involviert bleiben kann. Diese sind eine variable Kaufpreisgestaltung (Earn-Out) und Rückbeteiligung (Roll-Over):

Earn-Out
Eine variable Kaufpreisgestaltung (Earn-Out) findet Anwendung, wenn die Transaktionsparteien bei der zukünftigen Finanzplanung und somit beim Kaufpreis zu weit auseinanderliegen. Ein Teil des Kaufpreises wird vom Erreichen finanzieller Ziele abhängig gemacht, meist werden Bezugsgrößen wie das operative Ergebnis (EBIT oder EBITDA) über einen Zeitraum von 1-3 Jahren verwendet. Möglich sind absolute oder prozentuale Ziele. Um Komplikationen zu vermeiden, sollten eindeutig messbare Ergebnisse gewählt werden.

Roll-Over
Wenn sich der Verkäufer mit seinen Verkaufserlösen wieder an dem verkauften Unternehmen beteiligt, spricht man von einem Roll-Over - einer Rückbeteiligung. Hiermit kann der ehemalige Inhaber an der positiven Entwicklung des Unternehmens weiterhin profitieren. Ein Unterschied gegenüber dem Earn-Out ist, dass gewisse Einblicke und Kontrollrechte gewährt werden. Üblicherweise wird dem neuen Gesellschafter ein Kaufsrecht eingeräumt, was ihm ermöglicht, die übrigen Anteile des ehemaligen Inhabers in der Zukunft zu erwerben.

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