02.05.2023

Duales Studium = langfristige Mitarbeiterbindung

Prof. Dr. Martin Reckenfelderbäumer, Präsident der Dualen Hochschule Schleswig-Holstein (DHSH), sprach mit uns über die Qualitäten eines dualen Studiums und den Mehrwert für die Arbeitswelt.
 

Warum sind Sie überzeugt vom dualen Studium?

Prof. Dr. Martin Reckenfelderbäumer: Der große Vorteil des dualen Studiums an der DHSH ist, dass es ausbildungsintegrierend angelegt ist. Bei uns können Studierende in nur drei Jahren in einem aufeinander abgestimmten Modell einen Berufsabschluss und den akademischen Bachelorgrad in Betriebswirtschaftslehre oder Wirtschaftsinformatik erlangen sowie die Ausbildereignungsprüfung ablegen. Ab 2023 bieten wir zusätzlichen einen dualen Studiengang Soziale Arbeit an. Unsere Studierenden erhalten ein Ausbildungsentgelt, was in einem klassischen theoretischen Studium nicht enthalten ist. Das Gesamtpaket macht das duale System aus Sicht der Studierenden sehr attraktiv.

Was macht das Studium an der DHSH für Unternehmen interessant?

Prof. Dr. Martin Reckenfelderbäumer: Für Partnerunternehmen ist das Modell deshalb interessant, da Sie Ihre Studierenden von Anfang kennen, ihre Entwicklung beobachten und fördern, erste Projekte im Betrieb begleiten sowie Fragestellungen aus der unternehmerischen Praxis in das Studium einfließen lassen können. So wächst zum einen ein Studierender schnell ins Unternehmen hinein, zum anderen sieht der Arbeitgeber, wie man zueinander passt, welche Stärken Entwicklungspotenziale bieten und woran noch gearbeitet werden muss. Diese Win-win-Situation bietet beiden Seiten ein Angebot, das ich mehr denn je für sehr zukunftsträchtig halte.

Warum mehr denn je? Das duale Studium ist ja nicht ganz neu.

Prof. Dr. Martin Reckenfelderbäumer: Ja, das stimmt. Sowohl das duale Modell in den früheren Berufsakademien in Baden-Württemberg als auch das der Berufsakademie der Wirtschaftsakademie Schleswig-Holstein, aus der die DHSH hervorgegangen ist, stammen aus dem Jahr 1974 und weisen eine erprobte Tradition auf. Der Ausbildungs- und Arbeitsmarkt hat sich seitdem komplett gedreht, angehende Fach- und Führungskräfte haben eine fast freie Auswahl, wo sie arbeiten möchten. Um so wichtiger werden positive Bindungen an einen Arbeitgeber. Gleichermaßen können Perspektiven für Mitarbeiter langfristig entwickelt werden: So erfordert es keine aufwendigen und kostenintensiven Recruiting-Bemühungen auf dem Arbeitsmarkt draußen, sondern es erfolgt eine gezielte Entwicklung im Unternehmen.

Aber von allein kommen die Studierenden ja nun auch nicht ...?

Prof. Dr. Martin Reckenfelderbäumer (schmunzelt): Nein, wahrlich nicht. Unternehmen werden immer mehr dazu übergehen müssen, sich bei potenziellen Beschäftigten zu bewerben – und nicht umgekehrt. Bewerberinnen und Bewerber gucken schon genau auf das Angebot, das ihnen unterbreitet wird. Und genau hier kann man mit einem dualen Studium punkten: Es setzt auf eine gemeinsame Entwicklung auf Augenhöhe, es bietet mehr als „nur“ ein Studium oder „nur“ eine Ausbildung. Natürlich muss diese auch ehrlich so gelebt werden – aber das gilt ja letztlich für viele andere Modelle auch.

... und das bedeutet für die Unternehmen?

Prof. Dr. Martin Reckenfelderbäumer: Das, was eine Vielzahl von Unternehmen längst macht: Den Mangel an Nachwuchskräften ernst nehmen und darauf reagieren. Denn das Fehlen – und auch das Abwandern – von qualifizierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern wird nicht weniger werden, sondern mehr. Je nachdem, welche Studie man zurate zieht, fehlen in Deutschland bis 2035 zwischen 7 und 8 Millionen Arbeitskräfte. Daher ist eine vorausschauende, wertschätzende Personalentwicklung, die Beschäftigten verschiedene Perspektiven aufzeigt, ein ganz wichtiger Baustein, um diese Mitarbeitenden im Unternehmen zu halten.

Und das bedeutet ganz konkret für das duale Studium?

Prof. Dr. Martin Reckenfelderbäumer: Für das duale Studium bedeutet dies, dass man sich in den sechs Semestern, die das Studium in der Regelstudienzeit umfasst, intensiv mit den Studierenden beschäftigt. Sie in den Praxisphasen im Betrieb, die sich mit den Phasen an der Hochschule abwechseln, so gut wie nur möglich versucht, kennen und einschätzen zu lernen. Es ergibt keinen Sinn, Studierende einfach nur mitlaufen zu lassen, um dann „mal nach dem Abschluss zu schauen“, wie es weitergeht – das ist in Sachen Mitarbeiterbindung zu wenig, denn dual Ausgebildete sind auf dem Arbeitsmarkt schlicht gefragt.

Wenn die Absolventinnen und Absolventen so gefragt sind: Sind sie denn dann nicht nach dem Abschluss ohnehin auch ganz schnell weg?

Prof. Dr. Martin Reckenfelderbäumer: Nein, unsere Erfahrungen sprechen eine andere Sprache. Das duale Studium ist ein guter Startpunkt, nach dem auch noch eine Menge im Unternehmen passiert. So steigt nicht ohne Grund die Anzahl von berufsbegleitenden Masterstudienangeboten kontinuierlich an. Für duale Absolventinnen und Absolventen, die den Wechsel von Hochschule und Betrieb ja bereits bestens kennen und auch unter einen Hut bekommen haben, sind diese eine ideale Weiterentwicklungsmöglichkeit. Auch wir haben einen solchen berufsbegleitenden Masterstudiengang in unser Angebot aufgenommen. Mit unserem Master Digital Business & Innovation bieten wir Know-how für digitale Geschäftsmodelle und zur Weiterentwicklung der Geschäftstätigkeit. Denn für den eigenen Bildungsweg wie für jedes Unternehmen gilt: Man lernt nie aus und es bieten sich immer wieder neue Gelegenheiten – man muss sie „nur“ ergreifen.

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