01.10.2020

Corona und die Unternehmen in SH – wie es nun ist und in Zukunft sein wird

Ausgangslage

Die wirtschaftliche Entwicklung hat sich bundesweit durch Corona deutlich verschlechtert:

  1. Rückgang BIP um ca. -5,8 %
  2. Exporte ca. -12,1 %
  3. Konsum ca. -6,9%
  4. Rückgang der Erwerbstätigen um 380.000.

Auch in Schleswig-Holstein sind 50% der ca. 123.000 Unternehmen, Freiberufler und Einzelpersonen von gestiegener Arbeitslosigkeit und Gewerbesteuerrückgang betroffen. In SH sank das BIP um 3,8% im 1. Halbjahr. Dazu erfolgte eine massive Verschuldung der öffentlichen Haushalte. 900 Mio. € in Form von Krediten für Unternehmen.

In Verbindung mit

  • Aussetzen der Insolvenzpflicht
  • Kurzarbeitergeld mit Übernahme der Sozialversicherungskosten
  • KfW- und Landesprogramme
  • Steuerpolitische Unterstützung

konnte der Liquiditätsbedarf insgesamt abgedeckt werden. Dies führte dazu, dass die Insolvenzen trotz Krise gegenüber den Vorjahren zurückgingen. Stabilisator war hierbei auch der Bankenapparat, der die Liquidität auch bereitstellen durfte. Es gab keine Rechtsfolgen bei der Kreditgewährung für durch Corona in Schwierigkeiten gekommener Unternehmen.

Marktveränderungen

Nunmehr laufen Teile der wirkungsvollen Hilfsmaßnahmen aus:

  1. Die Insolvenzantragspflicht aus Liquiditätsgründen gilt wieder. Das Insolvenzrecht ist nur noch für Unternehmen mit Überschuldungstatbeständen ausgesetzt.
  2. Auslaufen der 30 Mrd.€ Bundesgarantie zur Absicherung der Kreditversicherer gegen Ausfälle der Lieferantenkredite. Die Gefahr hier besteht in Kürzungen der Lieferantenfinanzierungen. Das Problem wird ab November 2020 relevant.
  3. Verkürzung der Laufzeit der Restschuldbefreiung von 6 Jahren auf 3 Jahre auf die von der Insolvenz betroffenen Personen.
  4. Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung des Sanierungs- und Insolvenzrechts

Das Verhalten der Banken wird sich Ende 2020, spätestens Mitte 2021, müssen, weil:

  1. die Bilanzen durch die entstandenen Verluste zu deutlichen Ratingverschlechterungen führen. Eigenkapital geht runter, Verschuldung geht hoch. Die Marktunsicherheit über die Zukunft bleibt hoch.
  2. Die Rechtsunsicherheit bei Kreditvergabe aufgrund des faktischen Auslaufens der ausgesetzten Insolvenzpflicht kann zur Zurückhaltung der Banken führen. Daraus entsteht das Problem der Beihilfe zur Insolvenzverschleppung.
  3. Banken werden wieder IDW S6 Gutachten in Sanierungsfällen verlangen müssen, um keine Haftungsansprüche der Insolvenzverwalter entstehen zu lassen.
  4. Auslaufende befristete Kontokorrentkredite bedürfen bei der Prolongation einer erneuten Prüfungshandlung. Die verschlechterte wirtschaftliche Situation der Firmen führt zu Risiken der Verlängerung. Die Prolongation eines befristeten Kredites gilt in Banken als Neuantrag.
  5. Bei fehlender Kapitaldienstfähigkeit müssen die Engagements ab 2021 wieder in die Sanierungsabteilung mit erhöhten regulatorischen Anforderungen abgegeben werden.

Aus der Liquiditätskrise der ersten Phase dürfte eine Bilanz- bzw. Eigenkapitalkrise für einen zu bedenkenden Anteil des Mittelstandes werden.

Wie ist Schleswig-Holstein vorbereitet?

Es gibt eine Reihe von Programmen:

Die Landesregierung hat bereits frühzeitig zwei Corona-Hilfsmaßnahmen für Beteiligungskapital eingeführt. Das Sonder-Beteiligungsprogramm Schleswig-Holstein startete am 16. Juni 2020 mit einem Volumen von 15 Mio.€. Rahmen war die Säule 2 des Maßnahmenpakets des Bundes. Für Start-Ups und kleine Mittelständler (gewerbliche Unternehmen mit einem Umsatz bis
EUR 75 Mio.)

Stilles und offenes Beteiligungskapital bis zu 800.000 € wurde ermöglicht. Damit war Schleswig-Holstein eines der ersten Bundesländer, die ein derartiges Beteiligungsprogramm auf den Weg gebracht haben. Dieses Programm ermöglicht nach Ablauf der Regellaufzeit von 10 Jahren eine einmalige Verlängerung um weitere 5 Jahre. Zudem wurde das Beteiligungsentgelt auf 6% p.a. fixiert. Damit wurde es deutlich günstiger angeboten, als es für Unternehmen in einer solchen Phase sonst üblich ist.

Im Juli 2020 hat das Land Schleswig-Holstein ein weiteres Programm, den MBG Härtefallfonds Mittelstand, ebenfalls mit einem Fondsvolumen von 15 Mio.€ ins Leben gerufen. Dieses Beteiligungsprogramm wurde ausschließlich mit Landesmitteln errichtet.

Es bietet:

stille Beteiligungen von 100.000€ - 750.000€ zu einem deutlich vergünstigten Beteiligungsentgelt von 3% p.a. zuzüglich einer gewinnabhängigen Vergütung von 1% p.a. für 10 Jahre.

Für:

Haupterwerblichen Unternehmen mit Sitz und/oder Betriebsstätte in Schleswig-Holstein. Mit grundsätzlich intaktem Geschäftsmodell. Antragsberechtigt sind Unternehmen, die in den Monaten Juli - Dezember 2020 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum einen Corona-bedingten Umsatzeinbruch um 50% oder mehr erwarten.

Ergänzt wird der MBG Härtefallfonds Mittelstand auch um stille Beteiligungsmöglichkeiten des Bundes.

Aufgrund der Einigung zwischen der Landesregierung und der SPD wird auch die Erweiterung der Eigenkapitalausstattung für den Mittelstand über die MBG zu erwarten sein (Mittelständische Beteiligungsgesellschaft S-H).

Was passiert ab 2021 mit der Wirtschaft?

Positive Entwicklungen sind:

  • Erwartete deutliche Erholung des BIP (ca. 4%)
  • Hohe Liquiditätsversorgung bei Unternehmen durch die Coronahilfen und die Liquiditätsvorsorge der Unternehmen
  • Fortsetzung des Kurzarbeitergeldes
  • keine nennenswerten Anzeichen von Risikoerhöhungen im Bankenapparat
  • Gute Eigenkapitalbasis vor Corona
  • bisher wenige Insolvenzen

Negative Entwicklungen sind:

  • BIP-Rückgang in 2020 ca. 5 bis 6%
  • Verschlechterung der Arbeitsmarktsituation von 2020 ff.
  • Auslaufen von Teilen der Coronahilfen
  • Verschlechterung der Bilanzen im Hinblick auf Eigenkapital und GUV in 2020 und 2021 für weite Teile der Unternehmen
  • Unterbrechung der weltweiten Handelsketten durch Corona
  • Auswirkungen des Brexits
  • Auswirkungen des Handelskrieges USA-China

Die zukünftige Entwicklung wird maßgeblich beeinflusst durch:

  • Die Handlungsmöglichkeiten der Banken und deren Verhaltensweise aufgrund der gesetzlichen Veränderungen
  • Die Entwicklung der Pandemie inkl. der Impfmöglichkeiten

Wir erwarten ab Frühjahr 2021 eine deutliche Zunahme der Insolvenzen und der Unternehmen, die den Sanierungsabteilungen der Banken zuzuordnen sind.

 

Für Unternehmen, die von der Corona-Pandemie betroffen sind, stellen wir unseren Corona-Notfallkoffer mit allen nötigen Ratschlägen, hilfreichen Links und Übersichten zur Verfügung.

Gerne stehen wir Ihnen auch unter den unten genannten Kontakten mit Rat und Tat zur Seite.