Matthias, du bist an einem Freitag als Angestellter aus dem Büro gegangen und am Montag als geschäftsführender Gesellschafter wiedergekommen. Wie war das Gefühl dabei?
Matthias: Ein wenig Nervosität war durchaus vorhanden, doch die hat sich auch schnell wieder gelegt. Die Kolleginnen und Kollegen hatten es bereits geahnt und die Nachricht kam wenig überraschend. Ich habe gerade während der Übergangsphase stets darauf geachtet, mein Verhalten ihnen gegenüber nicht zu ändern, sondern das enge kollegiale Verhältnis weiterhin zu pflegen. Was sich geändert hat, ist, dass seit dem Beginn meiner Gesellschaftertätigkeit vermehrt intensive Gespräche mit den anderen Führungskräften der HWB Gruppe stattfinden.
Helmut (an Matthias gewandt): Ich habe einige Unterschiede festgestellt. Die Doppelrolle, die du nun innehast, bringt besondere Herausforderungen mit sich. Als Arbeitnehmer in eine Arbeitgeberrolle zu wechseln, erfordert eine Änderung der Sichtweise. In unserer Transaktionsabteilung fungierst du weiterhin als Prokurist, und gleichzeitig bist du Gesellschafter und Geschäftsführer der gesamten HWB Gruppe. Da sitzt du manchmal zwischen den Stühlen und musst sorgfältig abwägen. Bisher ist dir das gelungen.
Hartmut: Das unterschreibe ich. Ich habe ein ruhiges, unaufdringlich gestiegenes Selbstbewusstsein festgestellt. Weil er sich diese Position hart erarbeitet hat, muss er niemandem etwas beweisen, und das merkt man auch.
Matthias begann im Jahr 2010 mit einem dualen Studium bei der HWB. Hat da die Nachfolge für euch schon begonnen?
Helmut: Nein. Während seines dualen Studiums war er ein Gleicher unter Gleichen. Wenn Kinder in den elterlichen Betrieb einsteigen, gibt es immer zwei Gefahren: Entweder sie werden bevorzugt behandelt oder benachteiligt. Beides ist nicht gut. Unsere Kollegen haben erkannt, dass er zwar den Nachnamen trug, aber keinen Vorteil daraus zog. So konnte Matthias allen zeigen, dass er ein exzellenter Berater ist. Für seine Akzeptanz im Team war dieser Schritt von großer Bedeutung.
Matthias: Ich habe keine Sonderbehandlung gespürt. Während meines Studiums habe ich nicht über die Nachfolge nachgedacht und nach dem Studium das Unternehmen sogar noch einmal verlassen.
Hartmut: Es ist wichtig zu betonen, dass die Idee, Matthias wieder in unser Unternehmen zu holen, von Helmut kam. Wir wollten einen guten Kollegen zurückgewinnen. Dass er mein Sohn ist, spielte dabei keine Rolle.
Matthias: Als das dann gut geklappt hat, kam der Gedanke an die Nachfolge schon öfter auf, aber nie konkret. Erst vor zwei oder drei Jahren, als ich merkte, dass es fachlich gut funktioniert, habe ich mich intensiv damit beschäftigt
Helmut: Ich habe mich mit 35 Jahren selbstständig gemacht, Matthias ist jetzt 33 Jahre alt – ein guter Zeitpunkt für eine Nachfolge, denn so ein Schritt erfordert eine gewisse Reife. Die HWB wurde nicht mit der Intention gegründet, nur Geld zu verdienen. Als Hartmut und ich den Schritt vollzogen, waren wir in gut dotierten Führungspositionen angestellt. Es ging und geht uns heute um Eigenverantwortung und werteorientiertes Handeln. Wir als mittelständisches Familienunternehmen haben ein sehr ausgeprägtes Werte-Denken und können manchmal Entscheidungen treffen, die nicht nur betriebswirtschaftlich getrieben sind. Matthias teilt diese Auffassung. Für uns war bei der Nachfolge nicht sein Nachname entscheidend, sondern seine Werte und Fähigkeiten.
Was waren für euch die größten Herausforderungen während der Nachfolge?
Matthias: Ich höre oft, dass ich in große Fußstapfen trete. Davon distanziere ich mich bewusst, das ist nicht mein Ziel. Vom Charakter her mögen Hartmut und ich sicher sehr ähnlich sein, aber in unseren Entscheidungen und Ideen unterscheiden wir uns häufig. Das wird neue Impulse bringen. Daher möchte ich meine eigenen Fußstapfen hinterlassen.
Hartmut: Das soll auch so sein. Wir haben Matthias nicht in den Gesellschafterkreis aufgenommen, um unsere Meinung ein drittes Mal zu hören, sondern um sie herauszufordern. Die HWB wurde gegründet, um Entwicklung für Menschen zu ermöglichen. Matthias’ Aufstieg in den Gesellschafterkreis ist ein Beweis dafür, und ich freue mich, dass er die HWB für seine Entwicklung ausgewählt hat.
Helmut und Hartmut, vorher habt ihr die Strategie zu zweit festgelegt. Nun zu dritt. Wie hat sich das Zusammenspiel verändert?
Helmut: Unser Grundsatz bleibt bestehen: Wir haben nie Entscheidungen gegen einen von uns getroffen und werden das auch weiterhin nicht tun. Hartmut: Ich habe erkannt, dass Dynamik und neue Impulse in vielen Fällen wertvoller sind als Erfahrung. Wir agieren schon so lange, dass wir oft denken, wir wüssten in jeder Situation, wie sie zu meistern sei. Matthias hilft uns mit seinen frischen Ideen.
Matthias: Beide sind offen gegenüber neuen Vorschlägen und gewähren anderen Ansätzen genügend Raum. Am Ende müssen wir gemeinsam abwägen, was wir für die beste Strategie halten.
Hartmut und Matthias, wie hat sich euer familiäres Verhältnis verändert?
Hartmut: Gar nicht (lacht). Das war blendend und ist es weiterhin.
Matthias: Das kann ich bestätigen. Auch die Beziehung zu meinen zwei Geschwistern hat sich durch die Übernahme nicht verändert. Das liegt nicht nur daran, dass wir ein enges Verhältnis haben, sondern auch daran, dass wir die finanziellen Angelegenheiten so gut geregelt haben, dass es keinen Grund für Missgunst gibt.
Wie hat sich eure Beratung durch die Nachfolge verändert?
Matthias: Ich habe die Rolle des Nachfolgers kennengelernt und festgestellt, wie tiefgehend dieses Thema verschiedene Lebensbereiche beeinflusst. Dadurch bin ich in der Lage, mich besser in die Situation einiger unserer Mandanten hineinzuversetzen.
Hartmut: Mein Verständnis für Unternehmer, die ihre Aufgaben abgeben, ist gewachsen. Das Anpassen und Loslassen von Verantwortung funktioniert selten so schnell, wie man es sich wünscht.
Wie hat die Nachfolge die HWB verändert?
Helmut: Wir berichten sonst immer von den Erfolgsgeschichten unserer Mandanten, wenn wir daran mitgewirkt haben. Jetzt haben wir mit der erfolgreichen Nachfolge unsere eigene Geschichte geschrieben, die wir erzählen können.
Matthias: Wir haben einen bedeutenden Schritt gemacht, aber die Nachfolge kann nicht über Nacht abgeschlossen werden. Wir befinden uns in einem fortlaufenden Prozess, der auch die Entwicklung der HWB weiter beeinflussen wird.
Welchen Tipp habt ihr für andere Unternehmer, die vor einer Nachfolge stehen?
Hartmut: Es gibt wohl keinen Elternteil, der nicht möchte, dass das eigene Kind in das Unternehmen nachfolgt. Doch die kommende Generation darf man nicht zwingen. Wie bei externen Nachfolgen muss die Person sowohl fähig als auch willens sein. Fehlt eines von beiden, ist die Katastrophe vorprogrammiert.
Matthias: Es ist ebenso wichtig, frühzeitig abzuklären, ob die gegenseitigen Vorstellungen zur Zusammenarbeit und Werte kompatibel sind, um gemeinsam erfolgreich in die Zukunft zu blicken. All dies sollte man von Beginn an offen, ehrlich und transparent im Gespräch mit allen Beteiligten klären. Ein neutraler Dritter kann hier unterstützen.
Helmut: Damit die nächste Generation überhaupt Erfolg haben kann, muss der Wert des Unternehmens groß sein. Der Nachfolger ist der wichtigste Kunde des Unternehmers oder der Unternehmerin, und seine oder ihre Aufgabe besteht darin, den Nutzen für die kommende Generation zu steigern. Wenn der Nachfolger das eigene Kind ist, umso besser.
Wie sind die nächsten Schritte in eurer Nachfolge?
Hartmut: Auch nach einem Jahr sind wir weiterhin dabei, Zuständigkeiten zu klären, Verantwortungen festzusetzen und operative sowie strategische Entscheidungen zu treffen. An meine Rente denke ich nicht.
Helmut: Ich habe im letzten Jahr die 55 überschritten und freue mich auf die nächsten zehn Jahre. Ob meine Söhne als Nachfolger infrage kommen, ist noch vollkommen offen, da sie gerade erst am Beginn ihres Berufslebens stehen.
Matthias: Mich beschäftigt die Frage, wie die HWB Gruppe in zehn Jahren aussieht. Auf welche Entwicklungen müssen wir proaktiv Einfluss nehmen, und wie können wir unsere Dienstleistung dahin gehend kontinuierlich anpassen? Ich freue mich, dass mit Harmut und Helmut sowie dem gesamten HWB-Team anzugehen.